Kirche: Konfessionswechsel – ein Erfahrungsbericht
„Glaube“ und „Kirche“ sind zwei sehr persönliche Themen, welche bei bestimmten Anlässen vermieden werden sollen, um peinliche Situationen zu vermeiden. Heute möchte ich jedoch diese Themen gezielt ansprechen. Dabei geht es mir weniger um den Glauben, sondern um die Kirche.
Der Glaube steht bei vielen, so auch bei mir, nicht infrage. Das heißt, es besteht der bewusste Glaube daran, dass es ein höheres Wesen gibt. Möge man es „Gott“ oder anderweitig nennen. Probleme gibt es eher mit der Institution Kirche. Viele Menschen können sich damit heutzutage nicht mehr identifizieren. Die Entscheidungen nach Skandalen und teilweise verschleppter oder gar nicht durchgeführten Aufklärungen lassen viele Menschen an dieser „Gott Gegebenheit“ zweifeln. Vor allem in Deutschland wird, vorwiegend der römisch-katholischen Kirche, mangelnder Reformwille vorgeworfen.
Als Folge treten immer mehr Menschen aus den beiden Großkirchen1 aus. Gründe sind hierbei jedoch nicht nur die Kirchensteuer, also finanzielle Gründe. In einem Interview im März 2022 gab Petra-Angela Ahrens (Kirchensoziologin am Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche Deutschlands / EKD) Aufschluss über die verschiedenen Gründe. Ihre Aussage war hierbei, dass „bei den ehemals Evangelischen […] die Kirchensteuer an erster Stelle [steht] und bei den vormals Katholischen […] es die Unglaubwürdigkeit der Kirche [ist]“2.
Meine Beweggründe waren auch keine finanziellen, sondern die Unglaubwürdigkeit der r.-k.-Kirche. Allerdings war es für mich auch keine Option, ganz aus einer Glaubensgemeinschaft auszutreten. Ebendarum war dies ein Prozess, welcher sehr lange gedauert hat und der immer wieder aufgeschoben wurde. Durch langes Suchen und lesen bin ich dann auf die Alt-Katholiken3 gestoßen und im März dann konvertiert.
Ablauf und Besonderheiten
Der Ablauf ist an sich relativ einfach und wer hier Interesse hat, der kann hier natürlich jederzeit Kontakt mit dem örtlichen Pfarrer aufnehmen. In Bayern gibt es keinen Konfessionswechsel, wie in anderen Bundesländern. Das heißt, man muss zuerst aus seiner alten Konfession austreten und kann dann in eine neue Konfession eintreten.
Austreten kann man durch persönliche Vorsprache beim Standesamt. In anderen Bundesländern erfolgt das auch am Gericht. Auch wenn das hier etwas sarkastisch klingt, gute Informationen liefert die Webseite von Kirchenaustritt.de4, welche diese Information sehr aktuell für jedes Bundesland liefert. Der Austritt hat mich 35,00 € gekostet und wird mit einer Austrittsurkunde beglaubigt. Der Rest erfolgt hier automatisch. Das heißt, es erfolgt eine entsprechende Meldung an das zuständige Kirchensteueramt, die Banken, den Arbeitgeber usw. Kurz gesagt, man hat keine weitere Arbeit mehr damit.
Mit der Austrittsurkunde kann man dann auch gleichzeitig den Eintritt in die Wege leiten. Bei vielen Gemeinden gibt es hierzu entsprechende Formulare. Benötigt werden dann in der Regel auch noch Kopien von Tauf- und Geburtsurkunde und ggf. Informationen über Kommunion und Firmung. Auch hier erfolgt dann alles seinen eigenen Gang und die Meldungen erfolgen automatisch.
Hinweis: Zumindest die Alt-Katholischen Pfarreien melden die Anmeldungen an die Steuerbehörden einige Wochen verzögert. Hintergrund ist, dass es ansonsten zu Problemen mit den automatischen An- und Abmeldeprozessen kommen kann. Die Abmeldung per Elster beinhaltet kein Kennzeichen der vorherigen Konfessionszugehörigkeit. Kommt die Neuanmeldung zu schnell, wird die alte Konfession beim Arbeitgeber einfach überschrieben. Die später eintreffende Abmeldung würde dann das neue Kennzeichen löschen und man ist konfessionslos. So kann es passieren, dass man ein oder zwei Monate ohne Konfession geführt wird. Steuerlich ist dies ohne Belang, da am Jahresende mit der Einkommenssteuererklärung das gesamte Jahr berücksichtigt wird und diese Fehlmonate dann nachberechnet werden.
Wer, wie ich, aus der römisch-katholischen-Kirche austritt, der erhält von dieser auch noch ein Schreiben und wird nach den Gründen gefragt. Weiterhin wird er belehrt, was er nach dem Austritt alles nicht mehr darf. Mir waren diese Punkte alle bewusst. Der vollständigkeitshalber möchte ich diese Punkte hier aber auch aufführen.Alt-Katholisch? Alt?
Ich wurde jetzt schon mehrfach gefragt, ob die Alt-Katholische-Kirche jetzt besonders konservativ ist. Der Name lässt es zwar vermuten, aber das ist es nicht. Im Gegenteil! Ich finde, es handelt sich um eine sehr moderne Kirche, welche hervorragend in die aktuelle Zeit passt!
Folgende Informationen sind aus den Informationen des Bistums zu den Stichwörtern
Geschichte
Die alt-katholische Kirche entstand im deutschen Sprachraum aus dem Widerstand gegen die 1870 auf dem Ersten Vatikanischen Konzil von der römisch-katholischen Kirche zur verbindlichen Lehre erhobene Unfehlbarkeit und oberste Leitungsgewalt des Papstes. Da die Gegner dieser Beschlüsse aus der römisch-katholischen Kirchengemeinschaft ausgeschlossen (exkommuniziert) wurden, mündete die Widerstandsbewegung nach wenigen Jahren in eine eigenständige katholische Kirche. In ihr sammelten sich die Christinnen und Christen, die am »alten« katholischen Glauben ohne päpstliche Unfehlbarkeit und oberste Leitungsgewalt festhalten wollten.
1873 wählten Laien und Geistliche Josef Hubert Reinkens zum ersten Bischof für die Alt-Katholiken. Im gleichen Jahr wurde er von einem Bischof der »Kirche von Utrecht« geweiht und von den Regierungen Preußens, Badens und Hessens als ein den römisch-katholischen Bischöfen gleichgestellter katholischer Bischof offiziell anerkannt. Weitere Bistümer entstanden damals in der Schweiz und in der Habsburgermonarchie. Die Bischöfe bildeten 1889 zusammen mit der seit Anfang des 18. Jahrhunderts von Rom unabhängigen »Kirche von Utrecht« (bestehend aus dem Erzbistum Utrecht und den beiden Bistümern Haarlem und Deventer) die so genannte »Utrechter Union«, der sich später noch weitere alt-katholische Kirchen anschlossen.
Unterschiede
Was unterscheidet die alt-katholische Kirche von der römisch-katholischen Kirche?
Die alt-katholische Kirche besinnt sich zurück auf die ungeteilte Kirche des 1. Jahrtausends. Der Name entstand aus dem Widerstand gegen die neuen Dogmen von der Unfehlbarkeit des Papstes und seines Jurisdiktionsprimates (oberste Leitungs- und Lehrgewalt), die beim ersten Vatikanischen Konzil 1870 verkündet wurden. Die Gegner dieser Dogmen wurden aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen (exkommuniziert) und bildeten schließlich eine eigenständige katholische Kirche, die alt-katholische Kirche. Unterschiede zur römisch-katholischen Kirche sind:
- Bischöflich-synodale Struktur: Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Bischöfe und Bischöfinnen werden von den Gemeindemitgliedern gewählt, volles Mitbestimmungsrecht der Laien, alle 2 – 3 Jahre tagende Synoden als oberstes Leitungsgremium der Gesamtkirche
- Frauen sind völlig gleichberechtigt, können also auch Diakoninnen, Priesterinnen (und damit Pfarrerinnen) oder Bischöfin werden
- Kein Pflichtzölibat, Geistliche können frei entscheiden, ob sie heiraten oder nicht
- Einladung zur Teilnahme an der Eucharistie an alle Christen, die an die Gegenwart Christi in Brot und Wein glauben; eine offizielle gegenseitige Einladung zum Abendmahl besteht mit der Evangelischen Kirche in Deutschland
- Volle Kirchengemeinschaft mit den Anglikanischen Kirchen und der Philippinischen Unabhängigen Kirche (PIC) Geschiedene können wieder heiraten, kein Ausschluss von wiederverheirateten
- Geschiedenen von den Sakramenten Betonung der freien Gewissensentscheidung des Einzelnen (keine Einmischung in Themen wie Familienplanung und Sexualität)
- Förderung eines Klimas der Akzeptanz, der Offenheit und Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlich liebenden und lebenden Menschen (mit der Möglichkeit von Partnerschaftssegnungen)